Supertalent aus Landsberg holt mit der U18 EM-Bronze und startet in der Bundesliga durch

Ivan Kharchenkov ohne einen Basketball unterwegs? Nein, das kann man sich eigentlich nicht vorstellen – wenn man noch die Bilder vor Augen hat, wie der aufgeweckte Junge einst im Grundschulalter im Landsberger Sportzentrum die Dreier reihenweise versenkte und Dribbling-Routinen á la Steph Curry präsentierte. Da wurde jede noch so kurze Auszeit und Pause bei Spielen der „Ersten“ für ein paar Würfe genutzt, mit Papa zum Training zu gehen war ohnehin Pflicht. „Klar, ohne Basketball geht es nicht. Wenn ich nicht spiele, ist mir langweilig“, sagt der Shooting Guard des FC Bayern, der im September seinen 17. Geburtstag feiern wird und zu einem stattlichen jungen Mann von 1,98 Meter herangewachsen ist – sympathisch und bodenständig. Dieser Sport ist ihm schließlich auch in die Wiege gelegt worden: Vater Alexander, genannt Sascha und ehemals Trainer der DJK Landsberg, war Weltmeister mit der Sowjetunion. Der große Bruder Nikita hat es ebenfalls zum Profi gebracht. Und auch Ivan, jüngster Sprössling dieser erfolgreichen Basketball-Familie, arbeitet hart an einer großen Sportler-Karriere. Doch welche Formen diese bereits in jungen Jahren annimmt, ist selbst für das Supertalent aus Landsberg erstaunlich. „Ja, es kommt mir auch ab und zu alles sehr schnell vor“, gesteht er. „Aber ich stecke mir viele kleine Ziele und denke von Schritt zu Schritt. Damit fahre ich bisher ziemlich gut.“

Es sind tatsächlich rekordverdächtige Riesenschritte, die der Jugendnationalspieler derzeit macht: Im vergangenen November debütierte er als gerade 16-Jähriger in der Bundesliga-Mannschaft der Bayern im Spiel beim Mitteldeutschen BC, erzielte fünf Punkte und wurde damit zum jüngsten Korbschützen der BBL seit Beginn der Datenaufzeichnung. „Ich hatte Glück. Es gab einige Ausfälle und so bin ich dort reingerutscht“, erzählt er. Er habe damals kaum einen Spieler aus der ersten Mannschaft gekannt, noch nie zuvor mit ihr trainiert. „Ich war irgendwo zwischen total happy und sehr nervös, als diese Chance von heute auf morgen plötzlich aufkam“, erinnert er sich. „Aber das Team hat mich sehr gut aufgenommen und ich war schnell integriert.“

Es folgten zwei weitere Einsätze in der höchsten deutschen Spielklasse – darunter in Oldenburg auch einer in der Starting Five, was der athletische Guard kurzum mit 13 Zählern quittierte. Um derart viel Begabung kommt das Aushängeschild der Münchner nicht länger herum: In der kommenden Saison wird Kharchenkov, der in diesem Jahr seinen Realschulabschluss bestanden hat, mit dem ersten Profivertrag in der Tasche dauerhaft im Kader der BBL-Mannschaft stehen, mittrainieren und regelmäßig seine Chancen erhalten. Dort wird er auf Stars und Nationalspieler wie Nick Weiler-Babb, Isaac Bonga oder Andreas Obst treffen. „Ich bin zum Lernen dort – und das fällt mir meistens recht leicht“, sagt er grinsend. Daneben wird er zudem als bereits „alter Hase“ in der ProB-Mannschaft der Bayern auflaufen und versuchen, „den noch Jüngeren ein Vorbild zu sein.“ Ohnehin sieht er seine Führungsqualitäten als eine seiner größten Stärken. „Meine Teams sollen sich auf mich verlassen können, indem ich möglich konstant spiele und dann übernehme ich auch gerne, wenn es brenzlig wird“, erklärt er selbstbewusst.

Eine ordentliche Kostprobe davon hat er jüngst bei der U18-EM in Serbien gegeben, als er die deutsche Auswahl als Kapitän überraschend zur Bronze-Medaille führte. Topscorer des Teams mit 17,1 Punkten – darunter mehrere Galavorstellungen wie etwa im Viertelfinale gegen Griechenland mit 27 Zählern – und obendrein ins All-Star-Team des Turniers mit Europas besten Nachwuchsspielern gewählt: Mehr geht kaum. „Es hat ungeheuer Spaß gemacht. Wir haben konsequent nur von Spiel zu Spiel gedacht und nicht von vornherein auf die Medaillen geschielt“, sagt der Leitwolf. „Ich denke, dadurch haben wir es weiter gebracht, als wir uns das selbst erhofft hatten und haben am Ende wirklich Geschichte geschrieben.“ Ein grandioses Turnier mit dem dritten Platz im Duell mit Frankreich gekrönt: Da war dann auch die Halbfinalniederlage gegen den Gastgeber und späteren Europameister Serbien zu verschmerzen. „Das waren sieben Spiele in neun Tagen: Wir waren natürlich überglücklich, aber auch echt megaplatt und erleichtert, als es dann vollbracht war“, sagt der Überflieger, der in Landsberg nach wie vor den „Startpunkt für sehr vieles“ sieht – Schule, Training, Wettkampf – und der zur Lechstadt und zur DJK eine liebevolle und dankbare Beziehung pflegt.

Nach einer kurzen Sommerpause mit Familienurlaub hat die Vorbereitung nun längst wieder begonnen – nicht dass es Ivan Kharchenkov am Ende noch langweilig wird. Der junge Mann mit Wurzeln in Russland hat viel vor und weiß genau, wie er es angehen möchte: „Voller Fokus, gut auf den eigenen Körper achten und sich dann aber auch Zeit nehmen, um all diese tollen Momente etwas genießen zu können.“ Sie werden kommen, diese Momente – und beim ihm vielleicht auch schneller als erwartet.

Willi Dressler

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